Welthandel und Null-Toleranz

Marktverzerrungen verhindern!

Es gibt Themen, bei denen die ganze Breite und Tragweite von Entscheidungen bereitwillig übersehen werden. Meist sind sie öffentlich nicht populär, und auch intern ist nur schwer eine Einigung zu erzielen. Besonders in Zeiten des Wahlkampfes rücken unpopuläre, wenngleich notwenige Entscheidungen bei diesen Themen in weite Ferne. Die Grüne Gentechnik ist ein solches Thema. Dabei geht es bei den aktuellen Fällen und den anstehenden Entscheidungen gar nicht um die generelle Pro-Contra-Diskussion, etwa: Ist Grüne Gentechnik sinnvoll oder notwendig? Ist sie für die menschliche und tierische Gesundheit sowie für die Umwelt sicher? Das sind Themen, die ausführlich in der Gesellschaft diskutiert werden müssen, und bei denen die Wissenschaft ein Primat bei der Risikoeinschätzung haben sollte. Diese Diskussion – die wir in Deutschland und Europa führen müssen – darf aber nicht über die bereits bestehenden Realitäten der Globalisierung der (agrarischen) Märkte und der Internationalisierung unternehmerischer Aktivitäten hinwegtäuschen. Außerhalb der EU werden gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in großer Zahl erforscht, sicherheitsgeprüft, zugelassen und angebaut. Das ist eine Tatsache, ob sie uns gefällt oder nicht.  

Und wir müssen mit dieser Tatsache umgehen. Denn die Kette der Nahrungs- und Futtermittelindustrie in Deutschland und Europa muss handlungsfähig bleiben und agrarische Rohstoffe aus Drittländern importieren können – auch um die Versorgung sicherzustellen. Die Politik ist gefragt, verantwortungsbewusste und umsetzbare Rahmenbedingungen zu schaffen und Entscheidungen zeitnah zu treffen, um die Wirtschaftsabläufe nicht zu behindern. Das gilt insbesondere für den Import agrarischer Rohstoffe. Ein „Aussitzen“ hat einen enormen wirtschaftlichen Schaden für die europäischen Marktteilnehmer zur Folge: Sie tragen bei den internationalen Handelsverträgen das alleinige Risiko bei Importen; die wirtschaftlichen Nutznießer des GVO Anbaus sind allein die Erzeuger in Nordamerika und anderen Drittländern. Damit riskieren die politischen Entscheidungsträger, dass eine ganze europäische Wirtschaftsbranche ins Abseits gerät. Wir brauchen an sachlichen Notwendigkeiten orientierte Entscheidungen, nicht politisch motiviertes Handeln, das sich an Stimmungslagen orientiert und versucht, vermeintliche Verbraucherwünsche zu antizipieren.

Die jüngsten Fälle von Funden minimaler Spuren von in der EU sicherheitsgeprüfter, aber noch nicht vollständig genehmigter GVO-Maissorten in Sojabohnen und Sojaschrot in Deutschland und in Spanien haben ebenso gezeigt, wie virulent das Thema ist, wie Funde gentechnisch veränderter Leinsaat, die in Kanada zugelassen wurde, nicht jedoch in der EU. Schnelles und grundlegendes Handeln ist gefordert, wenn die EU nicht von den außereuropäischen Versorgungsmärkten abgekoppelt werden will. Dazu kann die Europäische Kommission, können aber auch die Mitgliedsstaaten beitragen.Und sie müssen dies tun, wenn sie ihrer Verantwortung gerecht werden wollen.