Zwischen Krieg, Ernährungssicherung und Nachhaltigkeit: Politik muss Hürden beseitigen und Innovationen fördern
Die Bundesregierung muss Lösungsansätze der Wirtschaft stärker berücksichtigen, um die Innovationskraft des Agrarsektors zu fördern, regulatorische Hürden zu beseitigen und den internationalen Handel mit wichtigen Rohstoffen sicherzustellen. Dies fordert der Grain Club anlässlich der Internationalen Grünen Woche 2023 und des Global Forum for Food and Agriculture. „Die Agrarwirtschaft hat im vergangenen Jahr eindrucksvoll ihre Anpassungsfähigkeit angesichts des Russland-Ukraine-Kriegs sowie der anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie unter Beweis gestellt. Dieses Potenzial muss die Politik weiter fördern, statt durch immer mehr Vorgaben zu beschränken”, betont Björn Meyer, Grain-Club-Vorsitzender in 2023.
Zu Jahresbeginn sieht der Grain Club keine Entspannung der multiplen Krisensituation, sondern im Gegenteil weitere Herausforderungen auf die Branche zukommen: hohe Energiekosten, pauschale Reduktion von Pflanzenschutz- und Düngemitteleinsatz aufgrund der Farm-to-Fork-Strategie, Rufe nach Abschaffung von nachhaltigen Biokraftstoffen. Die übergeordneten Ziele des European Green Deals, des gerade in Kraft getretenen Lieferkettengesetzes, der anstehenden Richtlinie zur Corporate Sustainability Due Diligence (CSDD) und der Entwaldungsverordnung unterstützt der Grain Club ausdrücklich. „Wenn aber die Agrarproduktion in Europa absehbar rückläufig ist, Leakage-Effekte entstehen, gleichzeitig die Importabhängigkeiten und -restriktionen zunehmen, wird das Auswirkungen auf Versorgungssicherheit und Verbraucherpreise haben”, stellt Björn Meyer klar.
Um den Spagat zwischen Ernährungssicherung und Nachhaltigkeit zu schaffen, erwartet der Grain Club von der Politik mehr Bereitschaft für praktische Lösungsansätze und Innovationen aus Wissenschaft und Wirtschaft. So sollten Landwirtinnen und Landwirte in Europa Zugang zu modernen Methoden der Pflanzenzüchtung wie der Genschere CRISPR/Cas bekommen. Immer mehr Länder, darunter die USA, Japan und Brasilien, stärken mit solchen Innovationen ihre Ernährungsversorgung. Sie müssen auch in Europa als wichtiges Mittel zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele des Green-Deals Berücksichtigung finden, fordert der Grain Club.
Mit Blick auf Legislativvorschläge der EU-Kommission zu entwaldungsfreien Lieferketten sowie für ein europäisches Lieferkettengesetz sieht der Grain Club die Gefahr von Marktverwerfungen sowie zusätzlichen Belastungen für internationale Warenströme. „Die aktuelle Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten kann nur Erfolg haben, wenn die EU-Kommission nun auch zügig die rechtlichen, technischen und administrativen Voraussetzungen für die Umsetzung schafft. Davon sind wir noch meilenweit entfernt. Agrarwirtschaft und -handel brauchen rechtssichere und praxistaugliche Lösungen”, betont Björn Meyer.
Hinsichtlich der neuesten Forderung aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, die Produktion von nachhaltig zertifizierten Biokraftstoffen zugunsten der Herstellung von Lebensmitteln einzustellen, warnt der Grain Club vor einer irreführenden Teller-Tank-Debatte. Pflanzen für Biokraftstoffe sind wichtig für die Versorgung mit heimischen Proteinen, sowohl für die tierische als auch menschliche Ernährung. „Prämisse deutscher und europäischer Politik sollte es sein, die Wirtschaft bei der Produktion nachhaltiger und bezahlbarer Lebensmittel zu unterstützen und die Versorgung langfristig zu sichern”, so Björn Meyer abschließend.