Biokraftstoffwirtschaft: Unionsdatenbank noch nicht einsatzfähig
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
der Biokraftstoff-Sektor nimmt eine wichtige Rolle ein, um eine Dekarbonisierung und den Klimaschutz in Europa voranzubringen. Voraussetzung dafür ist das Vertrauen darauf, dass die Rohstoffe nachhaltig produziert wurden. Um mehr Transparenz und Sicherheit bei der ZertiÞzierung zu schaffen, will die EU die „Unionsdatenbank für Biokraftstoffe“ (UDB) einführen. Doch die Konzeption, die unzureichende technische Umsetzung und der hohe Zeitdruck bei der Umsetzung führen zu erheblichen Problemen für die Branche. Die jetzigen Pläne haben einen immensen Bürokratie- und Kostenaufwand gerade für kleine und mittelständische Ersterfasser zur Folge. Diese Herausforderungen werden europaweit keinesfalls kurzfristig zu lösen sein. Wir haben die Generaldirektion ENER bereits seit Dezember 2023 mehrfach auf Mängel an der Datenbank und viele ungeklärte Rechtsfragen hingewiesen, aber leider bis heute keine zufriedenstellende Antwort oder Lösungsvorschläge erhalten.
Vor diesem Hintergrund muss nach unserer Auffassung eine verpflichtende Nutzung der UDB au mindestens den 1. Januar 2026 verschoben werden. In der Folge müsste auch das bereits begonnene Rechtssetzungsverfahren für eine delegierte Verordnung zur Nutzung der UDB gestoppt werden. Sollte dies nicht geschehen, rechnen wir damit, dass viele Ersterfasser und Händler aus dem Handel mit nachhaltigen Rohstoffen aussteigen werden. In diesem Fall dürfte heimische Ware für die Biokraftstoffproduktion durch Drittlandsimporte verdrängt werden. Dies kann nicht im Sinne der Klimaziele der EU sein und wäre kontraproduktiv im Hinblick auf die angestrebte Souveränität in der Energieversorgung.
Um eine funktionsfähige und praxistaugliche Datenbank sicher zu stellen, sollte daher zeitnah eine Expertengruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten und betroffener Unternehmen eingesetzt werden, die Empfehlungen für erforderliche Anpassungen an der gegenwärtig bestehenden Datenbank abgibt. Ein solcher Vorschlag wurde unlängst auch von sechzehn Mitgliedssaaten gegenüber der DG ENER befürwortet. Um Bürokratie zu verringern, sollten die einzupflegenden Angaben auf ein Minimum begrenzt und vorhandene Daten aus bestehenden nationalen Datenbanken prioritär genutzt werden.
Erlauben Sie uns einen kurzen Exkurs zum Hintergrund: Mit der Einführung der UDB wollte und will man Betrugsfälle verhindern, die dadurch entstehen, dass fehlerhaft deklarierte Ware aus außereuropäischen Destinationen importiert wird. Wir befürchten jedoch, dass im Gegenteil Ware, die Bestandteil von Betrugsfällen ist, durch die UDB den Stempel der Legalität erhalten wird. Denn auch die UDB wird keine Kontrolle ermöglichen, ob ein ZertiÞkat im Ausland rechtmäßig vergeben wurde. Hierzu bedürfte es anderer Instrumente, wie etwa strikterer Vorgaben für die lokalen Zertifzierer und effektive Kontrollinstanzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, wir appellieren mit Nachdruck an Sie, die verpflichtende Nutzung der UDB zu verschieben, das Rechtsetzungsverfahren für die delegierte Rechtsordnung auszusetzen und die Datenbank einer grundlegenden Überarbeitung auf Basis der Empfehlungen einer einzuberufenden Expertenkommission zu unterziehen.
Folgende Verbände haben den Appell unterzeichnet:
- Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e.V.
- Deutscher Raiffeisenverband e.V.
- Bundesverband Bioenergie e.V.
- Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft e.V.
- Bundesverband Dezentraler Ölmühlen und Pflanzenöltechnik e.V.
- Deutscher Bauernverband e.V.
- Fachverband Biogas e.V.
- DER AGRARHANDEL – Bundesverband Agrarhandel und Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V.
- Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e.V.
- Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V.
- Deutscher Verband des Großhandels mit Ölen, Fetten und Ölrohstoffen e.V.