Dumpingimporte bedrohen europäische Biodieselindustrie und Wertschöpfungskette
Bisher verhindern Anti-Dumping-Zölle der EU, dass Biodiesel aus Argentinien und Indonesien nach Europa gelangt. Nach einem aktuellen Vorschlag der Europäischen Kommission sollen diese so drastisch verringert werden, dass der Schutz aufgegeben wird. Die Absenkung hätte weitreichende Folgen für die europäische Landwirtschaft und Ölmühlen, die vor allem Raps- und das Rapsöl an die Biokraftstoffindustrie liefern. Damit sind rund 120.000 Arbeitsplätze in Europa bedroht. „Die deutsche Biodieselindustrie fordert die EU-Kommission auf, unfaire Handelsmaßnahmen wirksam zu bekämpfen, so wie dies im Abschlussdokument des G20-Gipfels vor wenigen Tagen auch Argentinien und Indonesien zugesagt haben. Jetzt ist die Zeit, den Worten auch Taten folgen zu lassen“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Die Gefahr für die europäische Biodieselindustrie wird dadurch verschärft, dass die USA ab August 2017 Anti-Dumping-Maßnahmen gegen argentinischen Biodiesel ergreifen wollen. Dadurch dürfte der Druck aus Argentinien auf den europäischen Markt zunehmen.
Auch die deutsche und europäische Selbstversorgung mit Futtereiweiß würde verringert, wenn mehr Biodiesel aus Argentinien und Indonesien den hierzulande produzierten Biokraftstoff verdrängen würde. Denn bei der Biodieselproduktion entsteht als Koppelprodukt eiweißreiches Tierfuttermittel. So fallen bei der Rapssaat rund 60 Prozent als Rapsschrot für die Tierfütterung an, 40 Prozent ist Rapsöl, das zu Biodiesel verarbeitet werden kann. „Der Biodieselmarkt in der EU nimmt etwa 75 Prozent der Rapsölproduktion auf und ist damit der wichtigste wirtschaftliche Faktor für den Anbau von nachhaltig zertifiziertem Raps. Raps ist in Deutschland und Europa mit Abstand die wichtigste Blühpflanze in getreidereichen Fruchtfolgen und zugleich bedeutendste heimische gentechnikfreie Eiweißquelle“, sagte Stephan Arens, Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop). Die Selbstversorgung mit Eiweißfuttermitteln ist aufgrund der Biodieselproduktion in Deutschland und Europa in den letzten Jahren von einem sehr niedrigen Niveau auf über 50 Prozent gestiegen. Diese Entwicklungen würden aufgegeben, wenn die Kommission zulässt, dass durch Dumping geförderter Biodiesel auf die hiesigen Märkte gelangt. „Nicht auszudenken was passiert, wenn der wirkungsvolle Außenschutz für argentinischen und indonesischen Biodiesel aufgegeben wird: Dann strömen neben dem südamerikanischen Soja-Biodiesel und Sojaschrot auch noch gewaltige Mengen von Palmöl-Biodiesel
aus Indonesien ins Land und verdrängen die heimische Produktion, mit allen Konsequenzen. Solche Strukturbrüche kann niemand ernsthaft wollen“, sagte Petra Sprick, Geschäftsführerin von OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland.
Argentinien und Indonesien verschaffen ihrer heimischen Biodieselindustrie einen unfairen Wettbewerbsvorteil in Form von sog. Differenzierten Exportsteuern (Differential Export Taxes / DETs). Soja- und Palmöl als Rohstoff für die Biodieselproduktion werden dabei im Inland mit so hohen Exportsteuern belegt, dass die jeweiligen heimischen Verarbeiter die Rohstoffe für die Biodieselproduktion zu im Vergleich zum Weltmarkt günstigeren Preisen beziehen können. Die Folge davon ist, dass die Biodieselexporte aus diesen Ländern gedumpt auf den Weltmarkt gelangen.
Die EU-Kommission hatte die von Argentinien und Indonesien festgelegten DETs 2013 untersucht und in der Konsequenz Anti-Dumping-Zölle auf Biodieselimporte aus diesen Ländern verhängt, die den europäischen Markt in den letzten Jahren schützten. Dagegen klagten die genannten Exportländer erfolgreich vor der Welthandelsorganisation (WTO) mit dem Ergebnis, dass die EU-Kommission jetzt beabsichtigt, die Höhe der Zölle auf ein Niveau anzupassen, das praktisch keine Außenschutzwirkung mehr hätte.