EU-Kommission dreht Biokraftstoffen den Hahn zu

Ölmühlen-Industrie lehnt Pläne entschieden ab. Entwurf konterkariert EU-Ziele einer nachhaltigen Landwirtschaft, gefährdet die europäische Eiweißfutterversorgung und führt zu weniger Klimaschutz im Straßenverkehr.

Raps

Raps Rapsblüte Rapsfeld

Den heute von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf der novellierten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie weist OVID entschieden zurück. Die Pläne sehen eine stufenweise Absenkung des Anteils konventioneller Biokraftstoffe an den Erneuerbaren Energien im Verkehrssektor von derzeit 7 auf 3,8 Prozent bis 2030 vor. „Mit diesen Plänen hat sich die EU-Kommission erneut vor den Karren der Teller-Tank-Debatte spannen lassen und verkennt die Bedeutung von Biokraftstoffen als wichtigem Rückgrat einer nachhaltigen und ausgewogenen Landwirtschaft und einem bedeutenden Standbein der Ölmühlen“, sagt Wilhelm F. Thywissen, Präsident von OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland.

Mit der Obergrenze von 7 Prozent für Biokraftstoffe aus pflanzlichen Ölen, Zucker und Stärke hat sich die EU im Jahr 2015 auf einen für alle Seiten verträglichen und angemessenen Rahmen geeinigt. Dabei war in langwierigen Debatten bereits allen ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten Rechnung getragen worden. „Es bleibt unverständlich, warum die Kommission von diesem erst vor einem Jahr geschlossenen Kompromiss nun schon wieder abkehren will. Wir als Produzenten benötigen Planungssicherheit und keine Politik nach Gemütslage und Tagesform“, so Thywissen.

Ein Auslaufen konventioneller Biokraftstoffe wie Biodiesel hat fatale Folgen für Landwirtschaft und Klimaschutz. Raps als wichtiger Rohstoff liefert nicht nur Öl für Nahrungsmittel und Biodiesel sowie als Koppelprodukte Lecithin und Glycerin, sondern auch hochwertiges Eiweiß für die Fütterung von Rindern, Schweinen und Geflügel. Die Ackerfrucht verbessert darüber hinaus die Bodenqualität und ist damit unverzichtbar für eine nachhaltige Fruchtfolge. „Heimische, gentechnikfreie Eiweißfuttermittel stehen aktuell hoch im Kurs. Wenn die EU-Kommission Biokraftstoffe zum Auslaufmodell erklärt, sind zusätzliche Importe von Soja notwendig, um den Bedarf an Eiweißfuttermitteln zu decken – mit der Konsequenz von mehr Gentechnik im Tierfutter“, so Thywissen. Allein 2015 wurden durch die Verarbeitung von Raps zu Biodiesel mehr als 12 Millionen Tonnen Eiweißfuttermittel in Europa gewonnen. Das führt zu einem Selbstversorgungsgrad der Europäischen Union von 35 Prozent. Dieser wird zu mehr als der Hälfte von Rapsschrot getragen, in Deutschland sogar zu 80 Prozent. Im Falle eines kompletten Verzichts auf Biodiesel müsste die Europäische Union zusätzlich 14 Millionen Tonnen Sojabohnen aus Südamerika importieren, um die Eiweißfutter-versorgung zu decken. Das würde zu einer Ausweitung des Sojaanbaus führen mit entsprechenden Verlusten an wertvollen Regenwäldern.

Im Straßenverkehr sind Biokraftstoffe die derzeit einzig wirklich funktionierende Alternative beim Klimaschutz: 2015 ersparten sie der Atmosphäre 6,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Raps-Biodiesel stößt im Schnitt 70 Prozent weniger Treibhausgase aus als fossile Kraftstoffe.

„Setzt sich die EU-Kommission mit ihren realitätsfernen Plänen durch, führt das neben einem dramatischen Rückgang des Rapsanbaus zwangsläufig zum Aus wichtiger Ölmühlenstandorte in Deutschland mit entsprechenden Verlusten an Arbeitsplätzen und Wertschöpfung“, betont Thywissen. Ölmühlen sind moderne Bioraffinerien. Der vorgelegte Entwurf zur Erneuerbaren-Energien-Richtlinie läuft politischen Bestrebungen einer verstärkten biobasierten Wirtschaft auf europäischer und deutscher Ebene zuwider, bei denen Pflanzenöle fossile Rohstoffe mehr und mehr ersetzen sollen.

OVID fordert das Europäische Parlament sowie den Rat auf, sich in den nun anstehenden Verhandlungen für den Erhalt der 7 Prozent an konventionellen Biokraftstoffen bis 2030 einzusetzen – und damit eine ausreichende Versorgung an Eiweißfuttermitteln, mehr Klimaschutz im Straßenverkehr und eine zukunftsfähige Ölmühlenwirtschaft zu fördern.